Alexandra Sievers
Rede gut. Alles gut.
 

Tipps & Tricks für Ihre Reden

Manchmal hilft  schon ein kleiner Tipp, um Schreibblockaden zu lösen und die Ideen zum Sprudeln zu bringen …

 

12/12/2023

Warum Sie “würde”-los ins neue Jahr starten sollten

Mit “würde”-los meine ich natürlich nicht, dass Sie sich stillos oder in sonst irgendeiner Form danebenbenehmen sollen. Sondern gemeint ist, dass Sie viel mehr dürfen, als Sie vielleicht denken – gerade wenn Sie ein Rede halten …
Doch am besten gebe ich Ihnen dazu ein Beispiel …

Ich kann mich noch gut an meinen ersten Tag an der Universität erinnern: an eine Einführungsveranstaltung für Erstsemester. Liegt zwar schon sehr viele Jahre zurück, aber mein Langzeitgedächtnis funktioniert noch ganz gut. Deshalb sehe ich ihn noch deutlich vor mir: den riesigen Hörsaal mit einer Art Bühne und einem Redenpult. Und dort ein Mikrofon.

Irgendwann trat ein Mann an dieses Mikrofon, klopfte kurz darauf und meinte in das Stimmengewirr hinein: „Wenn ich um Ruhe bitten dürfte.“
Keine Reaktion.
Erneutes Klopfen und ein weiteres Mal: „Wenn ich um Ruhe bitten dürfte!“ Diesmal schon etwas lauter, doch mit demselben kargen Effekt. Und schließlich – klopf, klopf! – ein entschlossenes „Ruhe bitte!“

Na also! Ging doch. Das Geplapper hörte auf und alle Blicke wandten sich in Richtung Bühne.
Wer konnte denn auch ahnen , dass dieser auserwählte Vertreter der Wissenschaft von uns Neulingen tatsächlich die Erlaubnis erwartet hatte, uns um Ruhe zu bitten? Und dann auch noch mit Auswahlmöglichkeit, wie beim ersten Multiple-Choice-Test. Wenn er dürfte … Und wenn nicht?

Aber natürlich durfte er. Um kaum dass er das selbst erkannt hatte, war es auch still geworden.
Klopf, klopf! Räusper, räusper. „Zunächst einmal möchte ich Sie alle hier zu Ihrem ersten Semester an unserer Universität begrüßen.“
Erwartungsvolles Schweigen. Doch es blieb beim Wunsch. Niemand begrüßte uns.

„… und ich möchte mich Ihnen vorstellen.“
Ein einziges Wunschkonzert, das niemanden so richtig fesselte. Und den Namen des Redners habe ich auch vergessen. Aber vielleicht war er ja auch hinsichtlich seiner Vorstellung nicht über das „ich möchte“ hinausgekommen?

„Guten Tag meine Damen und Herren, mein Name ist Heinrich Klug von Weise. Ich begrüße Sie herzlich zu Ihrem ersten Semester an unserer Universität.“ So hätten wir uns ausgekannt.

Aber dieser Herr hat uns damals nur in dem allgegenwärtigen „möchte“, „würde“ und „könnte“ bestätigt, indem wir ohnehin herumirrten: „Ich möchte mal was werden und wenn ich das studieren würde, dann könnte ich vielleicht …“

Ich habe es studiert, Kommunikationswissenschaften. Und ich bin was geworden, Redenschreiberin und freie Redakteurin.
Und aus diesem Grund schreibe ich hier auch zum Thema Rhetorik.

Überzeugen Sie durch klare Ansagen!

Ganz gleich, aus welchem Anlass Sie sprechen, ob bei einem Meeting, auf einer Weihnachtsfeier oder vor der breiten Öffentlichkeit: Kündigen Sie nicht an, was Sie sagen wollen. Verstecken Sie sich nicht hinter vermeintlicher Höflichkeit. Und verzichten Sie auf das „möchten“, „dürfen“ und „wollen“.

Vermeiden Sie unbedingt folgende Fehler:

MÖCHTEN: “Liebe Gäste, ich möchte mich bei Ihnen bedanken.” Nein! Sagen Sie stattdessen: “Liebe Gäste, vielen Dank Ihnen allen!”

DÜRFEN: “Liebe Vereinsfreundinnen und -freunde, wenn ich euch jetzt um Ruhe bitten dürfte, ich würde unsere heutige Sitzung gerne eröffnen. Nein! Sagen Sie stattdessen: “Liebe Vereinsfreundinnen, liebe Vereinsfreunde, kommt jetzt bitte zur Ruhe. (Kurze Pause). Unsere heutige Sitzung ist eröffnet.”

WOLLEN: “Liebe Fußball-Freunde, ich will nun die Sieger unseres heutigen Turniers zu mir bitten …”  Nein! Sagen Sie stattdessen: “Liebe Fußballfreunde, einen Applaus für die Sieger unseres heutigen Turniers, die ich jetzt zu mir bitte …”

WÜRDEN: “Liebes Brautpaar, ich würde euch nun gerne zu mir bitten, um euch euer Geschenk zu überreichen …” Nein! Sagen Sie stattdessen: “Liebes Brautpaar, kommt doch bitte zu mir. Ich habe ein Geschenk für euch…”

LASSEN: “Meine Damen und Herren, lassen Sie mich einen Toast ausbringen auf …” Nein! Sagen Sie stattdessen: “Meine Damen und Herren, einen Toast auf …”

Fazit: Verwenden Sie keine überflüssigen Höflichkeitsfloskeln und Möglichkeitsformen. Sondern machen Sie es möglich!Das kommt bei Ihrem Publikum an.

Ich wünsche Ihnen einen wunschlos glücklichen Tag und viel Erfolg bei Ihren Reden!

Admin - 14:35 @ Allgemein | Kommentar hinzufügen

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